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Eine Schweiz (fast) ohne Berge

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Mein neuer Fahrradtag führt mich in das Ralská pahorkatina, das den süßen deutschen Namen „Rollberger Hüggelland“ trägt.

 

Meine „Rollende Räuberhöhle“ parkt irgendwo hinter Dubá am Rand einer löchrigen Landstraße. Auf dieser Straße sind Bike und ich nun schon ein paar Kilometer unterwegs. Dieser erste Abschnitt ist nur eine kurze Verbindungsetappe in das Dörfchen Tubož (Dubus), das nun sommerlich und verträumt vor mir liegt. Ein paar uralte Umgebindehäuser ducken sich hier unter einem strahlend blauen Himmel. Die Sonne hat heute nach ein paar kühleren Tagen zu ihrer alten Stärke wiedergefunden. Das sorgt beim Radler bekanntlich nicht ausschließlich für Freude. Doch gerade jetzt und hier ist für mich die sonnige Welt in bester Ordnung. Fast hat es den Anschein, als hätte jemand den Farbregler auf Anschlag gedreht. Das Blau des Himmels und die vielen Schattierungen vom Grün der Pflanzenwelt machen einander mächtig Konkurrenz. Selbst die grauen, knuffigen Sandsteinfelsen wirken irgendwie ein wenig farbig. Das bunte Bild wird abgerundet von einem schönen Teich mit viel grüner Entengrütze. 


Die kleine Attraktion des Ortes ist die Dubuser Wassermühle. Das alte Gebäude beeindruckt mit seinem reichlich verzierten Giebel aus verschiedenen Schiefertafeln. Doch die wirkliche Besonderheit ist die Wasserführung durch ein System raffinierter, in den Felsen hineingeschlagener Kanäle. Überhaupt bin ich hier in einem Ausläufer der Dubaer Schweiz im Sandsteinland. In dieser Region wurden - wahrscheinlich weil das Gestein wenig Widerstand leistete - Unmengen an Kellerräumen, Wohnungen und Heiligenbildern in den weichen Felsen hineingeschlagen. Und hier vor Ort sind es nun die Wasserkanäle.

 

Gleich hinter dem Dorf biege ich in einen Waldweg ein. Der Weg rollt sich gut, die Sonnenstrahlen spielen mit den oberen Ästen der Bäume und verbrennen mir daher nicht die Glatze. Das ist gut und sieht zugleich schön aus. Die leichte Steigung ist mir wohlgesonnen. Sie bietet genau den richtigen Widerstand für eine angenehme Grundtemperatur. So sieht ein Genuss-Mountainbike-Weg von seiner schönsten Seite aus! Natürlich bleibt es nicht bei der leichten Steigung. Der Forstweg wird recht steil und ein paar zackige Serpentinen später stehe ich auf dem Vorplatz der Burg Houska.

 

Hier herrscht ein buntes Menschengewimmel, das in merkwürdigem Kontrast zu dem abweisend wirkenden grauen Kasten der Burg steht. Sie ist bestens touristisch erschlossen. Aber wie eine Burg sieht der schwere Kubus aus dieser Perspektive wirklich nicht aus. Doch dafür kann Houska nichts: unmittelbar nach dem 30-jährigen Krieg, erließ die Habsburger Monarchie einen Befehl: Alle Festungen, die den Schweden gedient hatten und mit denen man selbst nichts anfangen konnte, sollten geschliffen werden. So verlor Houska im Jahr 1658 ihre gesamten Außenanlagen und ihren Turm. Nur das Hauptgebäude und die Kapelle blieben erhalten. Viel später, im Jahr 1823, kappte man auch noch das Dach. Schade, denn Houska ist eine sehr alte Burg und es muss eine prächtige Anlage gewesen sein. Sie wurde schon in den 1270er Jahren und damit zeitgleich mit der benachbarten Burg Bezděz (Burg Bösig) gebaut. In beiden Fällen war Přemysl Otakar II. der Bauherr.

 

Rätselhaft ist bis heute der Zweck der Festung: Houska steht an einem Ort ohne strategische Bedeutung. Sie beschützte keine bedeutende Handelsstraße, sie war keine Königsburg und eine Landesgrenze war auch nicht in der Nähe. Architekten weisen darauf hin, dass die ganze Anlage aussieht, als sollte sie - wie bei einem Gefängnis - etwas in ihrem Inneren bewachen. Dazu passt eine alte Geschichte: Der Felsen, auf dem die Burg steht, weist eine Spalte auf. Diese Spalte ist nämlich der Eingang zur Hölle. Die Burg hält also alles Böse, das aus der Hölle kriechen könnte, gefangen. Und zur Sicherheit sitzt die Burgkapelle wie ein Stöpsel auf dem Schlund, der in die Unterwelt führt.

 

Wer mich kennt, weiß, dass das Bad in der Menge nicht meine Sache ist. So sage ich nur der Heiligen Ludmila schnell „Ahoi“, die als Statue etwas abseits über das bunte Treiben wacht. Dann mache ich mich aus dem Staub. Der Staub ist sogar wörtlich zu nehmen! Ein staubiger Feldweg führt mich über Wiesen und Felder, bevor ich erneut im Wald verschwinde. Es erstaunt mich immer wieder, wie schnell der Touristenrummel aufhört, wenn man die Hotspots verlässt. Kilometerlang radle ich durch den Wald und begegne keiner Menschenseele. Ein Stück sonnenheißer Landstraße bringt mich nach Mšeno. Das Örtchen scheint der Inbegriff eines verschlafenen Landstädtchens zu sein. Ein paar gutbürgerliche Häuser um den Marktplatz - das war es auch schon. Viel los war hier wohl nie. Die aufregendste Zeit hatte die Stadt während der deutschen Besetzung, als sie Grenzort zum Sudetenland war und die Partisanengruppe „Rächer der Nation“ in der Umgebung operierte. Was die eintönige Landschaft hier kaum vermuten lässt: Nur wenige Kilometer von hier fällt die Ebene in zerklüfteten und unübersichtlichen Schluchten zum Tal der Pšovka hin ab. Dort gibt es auch Sandsteinfelsen und einige natürliche, sowie auch künstliche Hohlräume. Eine dieser Höhlen heißt Partisanenhöhle, womit alles gesagt ist.

 

Ein Stück hinter Mšeno in einem Dorf mit dem Namen Sedlec finde ich den Abzweig auf die gesuchte rote Wanderwegmarkierung. Bei einem kleinen Teich gelange ich auf einen schmalen Pfad, dessen Bewuchs mit Brennnesseln und anderen garstigen Pflanzen mich zweifeln lässt, ob mein Durchkommen hier gesichert ist. Doch je tiefer ich in den Wald komme, umso optimistischer werde ich. Zwar stören jetzt einige umgestürzte Bäume, aber es findet sich immer ein Weg daran vorbei oder darüber hinweg.  So gelange ich auf den Grund der wilden Kočičina-Schlucht. Links und rechts von mir zieht sich ein Durcheinander aus wachsenden und umgefallenen Bäumen die steilen Wände hinauf und manchmal bestehen diese steilen Wände auch aus mächtigen Sandsteinfelsen. Und ich freue mich, endlich auch einmal ein wenig Gelände und nicht nur Asphaltstraßen unter die Reifen zu bekommen. Über den Schatten und die angenehme Kühle hier unten freue ich mich natürlich auch!



Gleich am Ende der Schlucht, dort wo sich das Tal zu einem Dörfchen öffnet, treffe ich auf die Burg Kokořín.

 

Nein, so stimmt das nicht: Kokořín will erarbeitet werden! Ausgehend von einem Teich im Tal, der eigentlich das Becken einer alten Badeanstalt ist, verläuft eine feine, steile Serpentinenstraße hinauf zur Burg. In deren Verlauf muss ich sogar einen kurzen Tunnel durchqueren, dessen Portal gerade einige talwärts sausende Radsportler ausspuckt. Schwitzend erreiche ich die Burg und ich denke, eine kleine Pause habe ich mir verdient. Diese Burg hat beinahe alles was eine schöne Märchenbuch-Burg braucht: eine hohe Mauer mit Zinnen, eine Zugbrücke, einen markanten Hauptturm und natürlich einen unübersichtlich-verwinkelten Grundriss. Dazu ist sie viel größer als die meisten Burgen gestern und sie ist in einem perfekt restaurierten Zustand. Wäre sie ein Eigenheim, würde man sie wohl als „schlüsselfertig zum Einzug“ bezeichnen. Nur das die Anlage auf einem unbedeutenden Vorsprung einer Bergflanke gegründet wurde und nicht auf einem Berggipfel thront, könnte man bemängeln. Trotzdem ist Kokořín eine der schönsten Burgen weit und breit.

 

Als ich weiterfahre, bemerke ich, dass sich die Straße auch weiterhin malerisch den Berg hinaufschlängelt. An zwei Stellen gibt es am Fahrbahnrand steinerne Geländer. Diese Geländer stellen die Markierung von Aussichtspunkten dar, von denen man einen perfekten Blick auf die Sonnenseite dieser Burg hat. Weil die Straße inzwischen ein paar Höhenmeter gewonnen hat, befinde ich mich sozusagen auf direkter Augenhöhe mit der Burg. Spätestens jetzt kann man bemerken, dass mit der Straße und auch der Burg etwas nicht stimmt. Zuerst zur Straße: Diese Straße ist von ihrer Linienführung, Breite und Kurvenradius eindeutig eine Autostraße. Sie hat wohl kaum eine Herkunft als Karrenweg. Die Kurven, die Steingeländer und natürlich der Tunnel sind auf ein besonders romantisches Erscheinungsbild getrimmt. Die sorgfältig arrangierten Ausblicke sind heute ein Privileg für Fahrradfahrer und die wenigen ausdauernden Wanderer, denn es fehlen eindeutig die Parkbuchten an den Aussichtspunkten. Das deutet darauf hin, dass man zu ihrer Entstehungszeit einfach mitten auf der Straße anhielt. Viele Autos kann es da nicht gegeben haben. 

 

Auch die Burg selbst wirkt auf den zweiten Blick zu perfekt, als dass sie echt sein könnte. Sie sieht einfach genauso aus, wie sich ein modernes Publikum eine mittelalterliche Burg vorstellt.

 

Und tatsächlich lebt die Burg Kokořín hier schon ihr zweites Leben. Das erste Leben begann um 1320. Es endete 1544, als die Burg von Kaiser Ferdinand II. zur „verfluchten Burg“ erklärt wurde, die nicht mehr unterhalten werden durfte. So verfiel sie nach und nach. Das zweite Leben begann im Jahr 1911, als der Prager Geschäftsmann Václav Špaček mit einem Wiederaufbau begann, der sich sehr am romantischen Zeitgeist orientierte. Auch die Straße dürfte in diesen Jahren entstanden sein.  Špačeks Ziel bestand darin, ein Zentrum für Tourismus und Erholung zu schaffen, wozu auch Hotels, das Schwimmbad und Tennisplätze im Tal gehörten. 

 

Das Erstaunliche an der Landschaft rund um Kokořín ist die Verwandlung. Im Tal und rund um die Burg habe ich das Gefühl, mich in einer wilden Gebirgslandschaft aufzuhalten. Erreiche ich endlich die obere Ebene, breitet sich eine weite Fläche aus. Felder, Wiesen und nur ganz sanfte Hügel bestimmen das Bild. Auch das eigentliche Dorf Kokořín befindet sich hier oben. Es ist ein gepflegter Ort mit einem kleinen Schloss und gleichzeitig der südliche Wendepunkt meiner Tour. Eine abwärts gerichtete Landstraßenrampe gibt mir Schwung und schaufelt mich in das nächste Tal. Sein Name ist Šemanovický důl und es wird für die nächsten Kilometer mein Begleiter sein. Gleich am Beginn, noch in einer kleinen Siedlung, fallen die in den Sandstein gehauenen Räume auf. Viele von ihnen sind richtige kleine Wohnungen, die neben der Tür sogar noch eine Fensteröffnung haben. Tatsächlich soll bis in die 1980er Jahre eine alte Frau ihren festen Wohnsitz in einem dieser Felsen gehabt haben. Die meisten dieser Felsen-Unterkünfte sind natürlich klein und bescheiden. Es gibt aber auch ein XXL-Appartement, das gleich hinter der nächsten Kurve auf die Besichtigung wartet. Über eine 4 Meter lange Leiter erklettere ich einen ausladenden Felsenbalkon, von dem die einzelnen Zimmer abgehen. Ich habe sie nicht gezählt, doch es ist erstaunlich, dass es immer noch einen weiteren Durchgang, noch einen weiteren Raum, noch eine weitere Treppe und gar noch eine weitere Etage im Inneren dieses Felsens gibt. Der Räuber Klemper, dem diese Behausung zugesprochen wird, wusste eben gut zu leben. Nur leider brachte es sein Beruf mit sich, dass er viele Feinde hatte, was dann auch zu seinem vorzeitigen Tod führte.

 

(Für alle Googler unter den Lesern: Die Höhle heißt „Jeskyně Klemperka“.)

 

Im weiteren Verlauf des Tals muss es noch einige andere Wohnhöhlen geben. Ich bekomme sie vom Hauptweg aus aber nicht zu Gesicht. So habe ich neben den schon leicht müden Beinen „nur“ den Wald, den Forstweg und ein paar kleinere Felsen.

 

Einige Kilometer später - ich habe das Šemanovický důl längst verlassen - besuche ich doch noch ein Felsenhäuschen. Es wird Jeskyně Wernerovka genannt, wobei Höhle (Jeskyně) hier wirklich der falsche Ausdruck ist. Es handelt sich um einen freistehenden Felsblock mit einem Zimmerchen darin. Das Markenzeichen dieser Wohnung ist aber eine Art steinerne Dachgallerie, die wie eine keck in den Nacken geschobene Mütze aussieht. In einer Kindergeschichte würde in diesem feinen Häuschen sicher ein brummiger, aber freundlicher Bär wohnen und der weise Uhu wäre unter der Dachmütze sein Mitbewohner.



Kurz raste ich an dieser urigen Waldvilla, schieße ein Foto und schon zieht es mich rastlos weiter. Eine letzte Burg wartet noch auf mich. Dazu muss ich mich durch einen felsigen Wald durchschlagen, was auch einige kurze Trage- und Schiebepassagen beinhaltet. Auf dem Felsgrat Rač entdecke ich schließlich einen fabelhaften Aussichtspunkt hinunter in einen Talkessel. Die Felswände sind senkrecht. Ein Schritt zu weit und ein freier Flug von mindestens 50 Metern Tiefe wäre garantiert! Bis zur Talsohle sind es sogar weit über 100 Meter. Und eben auch kaum mehr als 100 Meter entfernt von diesem herrlichen Ort (aber waagerecht, nicht senkrecht) befindet sich die Burg Pustý zámek.

 

Die eigentliche Burg muss aus Holz gewesen sein und davon sind nach 600 Jahren keine Reste mehr vorhanden. Viele der Räume wurden aber aus dem Felsen herausgearbeitet. So habe ich eine Menge Spaß, eine ausgewaschene Sandsteintreppe hinaufzuklettern und von einem Felsenraum zum anderen zu kraxeln. Die Sonne steht jetzt schon tief. Ihre goldenen Strahlen veredeln für mich diese kleine Sehenswürdigkeit, die von dicken Bäumen in Beschlag genommen wird, die ihrerseits auch bestimmt schon 100 Jahre auf dem Buckel haben. Übrigens: Auch hier ließe sich ein Schlafsack für eine Nacht ausrollen. Nur auf ein Feuer würde ich wegen des empfindlichen Sandsteins verzichten. Auch wäre die Nacht wohl früh zu Ende, sollte am Morgen auf der nahen Staatstraße 9 ein Harley-Davidson-Fahrer das Gas aufdrehen. Denn leider ist die Straße akustisch sehr präsent.

 

Nur wenige Minuten später stehe ich am Rand genau jener Straße. Ich führe eine kleine Debatte mit mir selbst: Muss ich jetzt wirklich schon zum Auto zurückfahren? Ja, es lässt sich zwar nicht mehr leugnen: Meine 3 Tages-Rundreise durch die Farben der Tschechischen Republik geht unweigerlich zur Neige. Auch heute habe ich viel gesehen und mich gut sportlich betätigt. Andererseits stehen an diesem dritten Tag gerade einmal 44 Kilometer auf dem Tacho. Ein bisschen wenig, oder? Und das Tageslicht müsste doch noch für volle 4 Stunden ausreichen! Sollte da nicht noch eine kleine Extrarunde möglich sein? Vielleicht zur Helfenburk?

 

Um es vorweg zu nehmen: Die Helfenburk wird es am Ende nicht. Aber natürlich mache ich mich noch einmal auf den Weg. Der Kurs ist Nordwest und die Helfenburk, eine beeindruckende Anlage, die sich in einem Talkessel versteckt, könnte durchaus das Ziel sein. Ich lasse mich auf der Landstraße treiben. Trotz einiger Anstiege bin ich verblüfft, wie schnell mein Monsta-Bike auf einmal rollt! Anders als auf den Waldpfaden kann ich hier auf der Asphaltstraße sogar den Fahrtwind spüren. Die Landstraßenkilometer summieren sich schnell. Mit mir sind ein paar Feierabend- oder Wochenendausflügler auf ihren Motorrädern unterwegs. Kein Wunder, es ist Freitagabend. Aber alle Fahrer scheinen entspannt zu sein und so werden die Motorfahrzeuge nie wirklich lästig.  

 

Auch wenn mein Hirn den unangenehmen Gedanken an eine Rückkehr zu verdrängen versucht, irgendwann muss ich einfach umkehren. Ich entscheide mich für eine Route auf Forststraßen durch den Wald. So verlasse ich bei Skalka die Landstraße und tauche wieder in den Wald ein. Das ist hier ein ganz anderer Wald als heute Vormittag. Während ich vor ein paar Stunden durch üppig grüne Mischwälder geradelt bin, dominiert hier die Kiefer auf Sandboden. Dadurch fühlt sich die Natur irgendwie nach norddeutscher Ostseeküste an. Das hätte ich hier mitten im Binnenland nicht erwartet. Und noch etwas erstaunt mich. Nachdem ich heute stundenlang durch menschenleere Natur geradelt bin, habe ich jetzt eine Art tschechischer Sommerfrische entdeckt. Ich finde einen Zeltplatz, den wohl nur Insider kennen und im Dorf die entspannt heitere Atmosphäre eines Urlauberorts in der Hauptsaison.

 

Mit etwas Abstand zum Ort bin ich erwartungsgemäß wieder allein im Wald unterwegs, zumal es inzwischen Abendbrotszeit bei den Campern sein dürfte. Ein letztes Ziel habe ich noch: Es ist der Felsen „Husa“, der zwar keine Ähnlichkeit mit einer Gans hat, aber trotzdem eine interessante Erscheinung ist. („Gans“ ist die direkte Übersetzung.) Ich bemerke nicht, dass die Gans nur einen einzigen sinnvollen Zugang in Form eines steilen Wanderwegs hat. So radle ich achtlos daran vorbei. Gleich darauf passiere ich eine größere Truppe junger Bierfreunde, die sich in einer Rasthütte niedergelasssen hat. Sie begrüßen mich lautstark. Ein paar hundert Meter später wird mir klar, dass ich Husa knapp verpasst habe. Blitzschnell realisiere ich, dass ich noch zweimal an der lustigen Truppe vorbeiradeln müsste, um dem Naturdenkmal meine Referenz zu erweisen. Will ich das? Nicht wirklich! So muss die Ahnung eines Felsens irgendwo da oben zwischen den Bäumen genügen. 

Was jetzt kommt ist zügige Kilometerfresserei auf einsamen Forststraßen. Noch ist das Tageslicht reichlich vorhanden, aber bei einer etwaigen Panne hätte ich keine Reserven.

 

Richtig schön wird es noch einmal auf der Landstraße kurz vor Dubá. Die Sonne hat sich in einen dunstigen Schleier verzogen. Es ist ein ruhiger, sommerlich warmer Abend. Ich habe die breite Bahn ganz für mich allein und aus den Feldern links und rechts zirpen die Grillen aus Leibeskräften. Der gleichmäßige Rhythmus meiner Beine lässt mich die Welt und die Zeit vergessen. Das Städtchen Dubá erweist sich als freundlich und verschlafen, so dass ich sogar ganz sanft in die Realität zurückfinden kann. Die letzten Kilometer bis zum Auto sind Routine.

 

Ich packe zusammen, nehme eine Dusche und mache mich auf den langen Heimweg. Mein Kopf aber ist voll von Erlebnissen und Eindrücken von denen ich noch lange zehren werde!



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Kommentare: 1
  • #1

    Petra (Sonntag, 31 Oktober 2021 20:48)

    Schön! Mindestens 5 mal gelesen und es wird nie langweilig. Man ist immer huckepack auf dem Bike mit dabei!